Einheitspatent

Einheitspatent

Europäische Patente mit einheitlicher Wirkung – sie kommen, nur wann und in welcher Form? WR informiert Sie im Detail über den aktuellen Status im Prosecution-Prozess, über streitige Patentverfahren vor dem neuen einheitlichen Patentgericht (EPG) und gibt Antworten auf Ihre Fragen.

Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung und einheitliches Patentgericht – Ein Überblick

Die verlinkte Präsentation stellt das zukünftige europäische „Einheitspatentsystem“ in seinen rechtlichen Grundlagen, Strukturen und Auswirkungen auf die Durchsetzung von Patenten in Europa dar. Neben der Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen des neuen Gerichtssystems wird ein besonderes Augenmerk auf die Regelung und praktische Handhabung von Opt-outs gesetzt. Durch einen Opt-out kann bereits während der „sunrise“-Periode sichergestellt werden kann, dass klassische Europäische Patente nicht (auch) in die Zuständigkeit des neuen Einheitlichen Patentgerichts fallen. Ebenfalls in der Präsentation enthaltene strategische Erwägungen zeigen Entscheidungsfaktoren auf, die für eine Entscheidung für oder gegen einen Opt-out von Relevanz sind.

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Rechtsgrundlagen und offizielle Textsammlung

Hier sind die wichtigsten rechtlichen Grundlagen, Übereinkommen und Regeln zusammengestellt zum Inkrafttreten, zur Anwendung und Durchführung des neuen Einheitspatentsystems. Einige der Vorschriften sind noch nicht abschließend vereinbart und liegen deshalb nur im Entwurf vor.

1

Übereinkommen zum Einheitlichen Patentgericht und Satzung des Einheitlichen Patentgerichts

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2

EU-Verordnung 1257/2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes

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3

EU-Verordnung 1260/2012 über die Umsetzung der verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Übersetzungsregelungen

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4

UPC-Verfahrensregeln (Entwurf)
- in Englisch -

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Updates

20.09.2023

Zweite mündliche Verhandlung vor der Lokalkammer München des UPC

Am 19. September 2023 fand die zweite substantielle Anhörung vor der Lokalkammer München des UPC statt. Und der positive Eindruck, den die Beobachter in der ersten Anhörung am 5. und 6. September 2023 gewonnen hatten (siehe www.eplit.eu/first-substantive-hearing-before-the-upcs-local-division-munich/), bestätigte sich auch in diesem Verfahren. Auch hier war das Gericht gut vorbereitet, stellte gezielte Fragen zur Aufklärung des Sachverhalts und zu Rechtsfragen und ließ den Parteien ausreichend Zeit für deren Vortrag. Die Verhandlung wurde auf Deutsch geführt.

Es standen sich im Wesentlichen dieselben Parteien gegenüber wie in der Verhandlung vom 5. und 6. September (10x Genomics und NanoString), und die Richterbank war mit den Richtern Dr. M. Zigann, T. Pichlmaier (beide DE)  A. Kupecz (NL) und E. Enderlin (FR) ebenfalls gleich besetzt. Es standen sich in etwa auch die gleichen Anwaltsteams aus den Kanzleien Bardehle Pagenberg und Bird & Bird gegenüber. Auch das geltend gemachte Patent EP 2 794 928 B1 (Patentinhaber: President and Fellows of Harvard College) entstammt der gleichen Patentfamilie wie das im ersten Verfahren geltend gemachte Patent und betrifft wie dieses „Zusammensetzungen und Verfahren zum Nachweis von Analyten“.

Während das in der ersten Verhandlung erörterte Patent ein Einheitspatent ist, ist das in diesem Verfahren geltend gemachte Patent ein in 2019 erteiltes Bündelpatent, für das vorläufige Maßnahmen in Deutschland, den Niederlanden und Frankreich durchgesetzt werden sollen. Eine weitere Besonderheit: In Deutschland war basierend auf einer im Frühjahr 2022 eingereichten Klage bereits erfolgreich ein Hauptsacheverfahren geführt worden, wobei die Klage vom Landgericht zugesprochen und das Urteil von der Klägerin auch vorläufig vollstreckt wurde. Die Berufung gegen diese Entscheidung ist anhängig. Außerdem wurde gegen das Patent im August 2022 Nichtigkeitsklage erhoben. Am 18. September 2023 – also am Tag vor der mündlichen Verhandlung – hat die Antragstellerin eine Hauptsacheklage ebenfalls bei der Lokalkammer in München eingereicht.

Das Verfahren lief erneut ab wie ein übliches deutsches Verfahren über einen Antrag auf einstweilige Verfügung. Der Vorsitzende führte  in den Sach- und Streitstand ein und erläuterte die Themen, zu denen die Parteien vortragen sollten. Erörtert wurden im Wesentlichen folgende Punkte:

Antragsfassung

Die Antragstellerin machte das Patent nicht in der erteilten, sondern in einer  eingeschränkten Fassung geltend, wie dies nach deutschem Verfahrensrecht ohne Weiteres möglich ist. Nach der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin kann das Patent aber nur in der erteilten Fassung geltend gemacht werden. Sie bezog sich dabei auf Art. 2 und  32 EPGÜ und auf die Regeln 30 und 50 der Verfahrensordnung, die jeweils vom „erteilten Patent“ sprechen. Darum sei die Geltendmachung einer eingeschränkten Fassung vor dem UPC nicht möglich. Dies entspreche auch dem nationalen Verfahrensrecht in Frankreich.

Auslegung

Hier ging es um das Verständnis eines bestimmten Merkmals des Anspruchs und einen möglichen Widerspruch zwischen Anspruch und Beschreibung.

Die Antragstellerin bezeichnete die Formulierung im Anspruch wörtlich als „Lapsus“, der aber im Wege der Auslegung ohne Weiteres zu korrigieren sei. (Als Beobachter fühlte man sich hier an die BGH-Entscheidung „Rotorelemente“ vom 12. Mai 2015, Az. X ZR 43/13, erinnert, in der der BGH im Wege der „wohlwollenden Auslegung“ – so ein Kommentator – die Verwechslung zweier Begriffe im Anspruch korrigiert hat.)

Die Antragsgegnerin widersprach dem erwartungsgemäß und sah die Korrektur des Merkmals als Verstoß gegen Art. 123 (3) EPÜ an, da dadurch der Schutzbereich des Patents nach der Erteilung erweitert werde. Es handele sich auch nicht um einen offensichtlichen Fehler im Sinne von Regel 139 EPÜ.

Rechtsbestand

Nach der insoweit nicht überraschenden Auffassung der Antragsgegnerin ist das Patent nicht rechtsbeständig. So sei die vorgenommene Streichung von alternativen Substanzen im Anspruch ein Verstoß gegen Art. 123 (2) EPÜ, da es sich um eine nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern unzulässige Auswahl aus zwei Listen handele. (Mit dieser Begründung hat z. B. die Beschwerdekammer des EPA in der Entscheidung T 1150/15 - Gründe 2.10 - das Patent EP 1 422 218 widerrufen, das Gegenstand der BGH-Entscheidung „Raltegravir“ vom 11. Juli 2017, Az. X ZB 2/17 zur Erteilung einer Zwangslizenz war.) Auf die Bitte des Vorsitzenden musste die Antragsgegnerin dieses Argument vertiefter erläutern. Ferner erläuterte die Antragsgegnerin kurz, warum die Lehre des Patents für den Fachmann nahegelegen habe.

Die Antragstellerin sah dies – ebenfalls wenig überraschend – anders.

Abwägung der Interessen der Parteien

Nach Art. 62 (2) EPGÜ „wägt“ das Gericht „nach Ermessen die Interessen der Parteien gegeneinander ab und berücksichtigt dabei insbesondere den möglichen Schaden, der einer der Parteien aus dem Erlass der Verfügung oder der Abweisung des Antrags erwachsen könnte“. Diese Formulierung findet sich auch wörtlich in Regel 211 Abs. 3 der Verfahrensordnung wieder. In der gleichen Regel heißt es aber dann in Abs. 4, dass das Gericht „ein unangemessenes Zuwarten bei der Beantragung von einstweiligen Maßnahmen“ berücksichtigt.

Im deutschen Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Patentverletzung muss der Antragsteller den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund glaubhaft machen. Zum Verfügungsgrund, der ebenfalls eine Interessenabwägung erfordert, gehört die sogenannte „Dringlichkeit“, die von vielen Patentstreitkammern als dann nicht mehr gegeben angesehen wird, wenn der Antragsteller mit der Einreichung des Antrags mehr als einen Monat nach Kenntnis der Verletzung wartet.

Die Kammer ließ im vorliegenden Fall nicht erkennen, wie sie den Begriff „unangemessenes Zuwarten“ versteht, widmete dieser Frage aber einen erheblichen Teil der mündlichen Verhandlung.

Dabei wurde darüber diskutiert, welcher Maßstab bei einem Bündelpatent, dessen einzelne nationale Teile nach Auffassung der Antragsgegnerin wie verschiedene Patente zu betrachten sind, für die Beurteilung des Zeitfaktors maßgeblich ist. Ist das Land maßgeblich, in dem man am längsten gewartet hat, oder es ist das Land, in dem man am schnellsten reagiert hat, oder ist dies von Land zu Land unterschiedlich zu betrachten?

Eine Rolle spielte in der Diskussion auch die Länge des Hauptsacheverfahrens, das nach dem EPGÜ nur 12 bis 15 Monate dauern soll. Ist es – wie die Antragsgegnerin meinte – bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die Hauptsacheklage hier erst drei Monate nach dem Antrag auf vorläufige Maßnahmen eingereicht wurde und somit, wie es die Antragsgegnerin formulierte, drei Monate verschenkt wurden?

Die Antragstellerin erörterte im Einzelnen ihre Sicht der Dinge und die Maßnahmen, die man ergriffen habe, um eine Verletzung sicher festzustellen. Der Antragstellerin könne nicht zugemutet werden, bei unsicherem Verletzungsnachweis eine kostenbelastende und rufschädigende Niederlage in einem Verfahren hinnehmen zu müssen, nur weil der Verletzungsnachweis am Ende als nicht ausreichend angesehen werde. Zur zeitlichen Komponente führte die Antragstellerin aus, über die Verteilung der Marktanteile werde in den nächsten Monaten entschieden, und diese wären dann für mehrere Jahre nicht mehr veränderbar. Darum könne man nicht auf eine Entscheidung in der Hauptsache warten.

Bei diesem Vortrag entspann sich noch ein kleiner Disput zwischen Gericht und Antragstellerin um die nach Art. 53 EPGÜ zulässigen Beweismittel. Die Antragsgegnerin hatte den Tatsachenvortrag der Antragstellerin teilweise mit Nichtwissen bestritten, worauf der Vertreter der Antragstellerin dessen Richtigkeit anwaltlich versicherte. Der Vorsitzende Richter macht aber darauf aufmerksam, dass die anwaltliche Versicherung nicht als Beweismittel in Art. 53 EPGÜ aufgeführt sei, worauf die Antragstellerin damit konterte, dass Art. 53 EPGÜ nur die „insbesondere zulässigen“ Beweismittel nenne, und damit die anwaltliche Versicherung nicht ausschließe.

Nach einer kurzen Zwischenberatung des Gerichts wurde die Verhandlung kurz vor 13:00 Uhr geschlossen. Eine Entscheidung soll am 10. Oktober 2023 verkündet werden.

 Dr. Michael Wallinger

 

Update 31.05.2023

Morgen am 1. Juni 2023 – Start des UPC

Das neue Einheitspatentsystem ist ab morgen mit Inkrafttreten des EPGÜ (Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht) verfügbar. Das Einheitliche Patentgericht nimmt mit diesem Tag seine Arbeit auf.

Unsere beim UPC zugelassenen Vertreter stehen Ihnen bei allen mit dieser Veränderung verbundenen Beratungsthemen wie immer zur Verfügung.

https://www.epo.org/applying/european/unitary/unitary-patent/start_de.html

Update 17.02.2023, BREAKING NEWS: Deutsche Ratifizierungsurkunde hinterlegt - das Einheitspatent wird Realität !

Deutschland hat die Ratifizierungsurkunde hinterlegt. Damit kann das Einheitspatent zum 1. Juni dieses Jahres starten.

Siehe für weitere Informationen die Mitteilung vom heutigen Tag durch das Europäische Patentamt: www.epo.org/news-events/news/2023/20230217.html

Update 20.10.2022, aktualisiert am 21.10.2022:

Bekanntgabe der UPC Richter

Das Unified Patent Court („UPC“) hat die Besetzung der Richter der jeweiligen Kammern der ersten Instanzen und des Court of Appeal bekannt gegeben. Aus deutscher Sicht befinden sich viele von den deutschen Patentstreitkammern und -senaten sowie vom deutschen Bundespatentgericht bekannte Patentrichter und Patentrichterinnen in der Liste wieder.

Das Court of Appeal in Luxemburg wird dabei unter anderem mit Herrn Dr. Klaus Grabinski und Frau Dr. Patricia Rombach vom X. Zivilsenat des BGH besetzt sein.

Herr Prof. Dr. Maximilian Haedicke von der Universität Freiburg wird Mitglied der Zentralkammer in Paris sein und Frau Dr. Ulrike Voß vom OLG Düsseldorf Mitglied der Zentralkammer in München.

Die deutschen Lokalkammern werden in München mit Herrn Dr. Tobias Pichlmaier (LG München I) und Herrn Dr. Mathias Zigann (aktuelle LG München I; ab 1.11.2022 OLG München) besetzt sein, in Düsseldorf mit Frau Dr. Bérénice Thom (LG Düsseldorf) und Herrn Ronny Thomas (OLG Düsseldorf), in Mannheim mit Herrn Holger Kircher (LG Mannheim) und Herrn Dr. Peter Michael Tochtermann (LG Mannheim) und die Lokalkammer in Hamburg sieht eine Besetzung mit Sabine Klepsch (LG Düsseldorf) und Dr. Stefan Schilling (OLG Hamburg) vor.

Wie beim UPC üblich, werden die grundsätzlich mit drei Richtern besetzten Lokalkammern mit zwei nationalen Richtern und einem internationalem Richter besetzt sein. Zur oben genannten Besetzung der Lokalkammern wird somit noch ein/e weitere/r Richter/in aus dem Richterpool hinzukommen. Obwohl Anfangs noch diskutiert wurde, ob alle Richter der Lokalkammer für jeden Fall neu aus dem Richterpool bestimmt werden, scheint sich das UPC nun doch für eine feste Besetzung der nationalen Richter je Lokalkammer entschieden zu haben. Lediglich für die internationale Besetzung dürfte es zu einer wechselnden Besetzung kommen.    

Bei der Besetzung der technischen Richterinnen und Richter des Richterpools, welche Fallweise zu den Kammern des UPC hinzugezogen werden, ist hervorzuheben, dass ein Drittel der mit deutschen Richtern besetzten Posten mit erfahrenen technischen Richterinnen und Richtern des deutschen Bundespatentgerichts besetzt wurde. Die restlichen Stellen wurden mit Patentanwälten aus Kanzleien und Industrie besetzt. Interessant wird sein, wie diese mit potentiellen Interessenkonflikten zwischen Ihrer richterlichen Tätigkeit und bestehenden Mandaten und zukünftigen Mandaten ihrer jeweiligen Kanzleien bzw. ihrem Unternehmen umgehen werden, zumal einige der Kanzleien regelmäßig in branchenweiten Streitkomplexen involviert waren. Gemäß Art. 7 der Satzung des UPC (ac_07_22022022_d.pdf (unified-patent-court.org)) wird es hierzu einen Verhaltenskodex für Richter geben. Die technischen Richter des Bundespatentgerichts sind diesbezüglich aber sicher im Vorteil.

 

Dr. Michael Alt (Chemie/Pharma)

Patentanwalt

Uwe Ausfelder (Maschinenbau)

Richter am BPatG

Dr. Arwed Burrichter (Biotechnologie)

Patentanwalt

Michael Fleuchaus (Physik)

Patentanwalt

Ulrike Keltsch (Physik)

Patentanwältin bei Airbus

Dr. Dennis Kretschmann (Elektronik)

Patentanwalt

Dr. Roman Maksymiw (Biotechnologie)

Vorsitzender Richter, 14. Senat BPatG

Dörte Otten-Dünnweber (Physik)

Richterin am BPatG

Stephanie Parchmann (Chemie/Pharma)

Patentanwältin

Christoph Schober (Physik)

Patentanwalt

Dr. Uwe Schwengelbeck (Maschinenbau)

Richter am BPatG

Max Tillmann (Maschinenbau)

Patentanwalt

Carola Wagner (Chemie/Pharma)

Richterin am BPatG

Simon Walker (Elektronik)

Patentanwalt bei Nokia

Stefan Wilhelm (Maschinenbau)

Patentanwalt  bei 3M

 

Update 19.10.2022:

Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung startet voraussichtlich am 1. April 2023, die Sunrise Period soll am 1. Januar 2023 beginnen

Das Einheitliche Patentgericht ("UPC") hat ein Update des UPC Preparatory team vom Oktober 2022 veröffentlicht, in welchem sich die aktuelle Roadmap der Vorbereitungs- und Umsetzungsmaßnahmen zum Inkrafttreten des UPC Abkommens befindet. Diese Roadmap zeigt alle wichtigen Maßnahmen und (zukünftigen) Meilensteine des UPC in den nächsten Monaten.

Neben weiteren wichtigen Umsetzungen wurde auch das Inkrafttreten des UPC-Abkommens angekündigt, das derzeit für den 1. April 2023 geplant ist. Der damit verbundene Beginn der Sunrise-Period, in der bspw. Opt-out-Erklärungen beim UPC eingereicht werden können, wird voraussichtlich am 1. Januar 2023 sein.

Die aktuelle Fassung dieser Roadmap kann von der Website des UPC heruntergeladen werden:

https://www.unified-patent-court.org/sites/default/files/upc_-_exco_-_upc_external_roadmap-v0.9_edit.pdf

28.04.2022:

Die rechtlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten des Einheitspatentsystems sind geschaffen. Derzeit laufen operative Vorbereitungen (Besetzung von Richterstellen, Vorbereitung der IT, u.a.). 

  • Das Einheitspatentgericht soll, nach derzeitigem Kenntnisstand, im späten Herbst 2022 oder Anfang 2023 seine Arbeit aufnehmen. Ab diesem Tag können sodann auch Einheitspatente erteilt werden.
  • Es ist vorgesehen, dass das Einheitspatentgericht für Fragen der Verletzung und des Rechtsbestandes aller Europäischen Patente zuständig ist. Ca. drei Monate vor dem Inkrafttreten beginnt eine sog. „sunrise period“, innerhalb derer bereits angemeldete oder erteilte Europäische Patente durch Erklärung der jeweiligen Inhaber von der Zuständigkeit des Einheitspatentgerichts ausgenommen werden können. 

Q & A Einheitspatent und Einheitliches Patentgericht

Allgemeine Aspekte des Pakets zum Europäischen Patentgericht und Einheitspatent

1. Was ist ein Einheitspatent, und worin besteht der Unterschied zum klassischen Europäischen Patent?

Das Einheitspatent (UP) ist, formal gesprochen, ein "Europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung". Es handelt sich nicht um eine neue Patentart, sondern um eine Weiterentwicklung des "klassischen" Europäischen Patents (EP). Die Anmeldephase und das Erteilungsverfahren sind dieselben wie beim EP. Alle Verwaltungsaufgaben werden ebenfalls vom Europäischen Patentamt wahrgenommen. Sobald ein EP erteilt ist, kann der Inhaber die einheitliche Wirkung beantragen, was zu einem UP führt. Beantragt der Inhaber keine einheitliche Wirkung, wird das EP, das in den Ländern seiner Wahl validiert wurde, zum klassischen Bündel nationaler Rechte. 

2. Welche Länder werden durch ein Einheitspatent abgedeckt?

Der territoriale Rahmen für das Einheitspatent ist das Ergebnis einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen einer großen Zahl von Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Es wird erwartet, dass sich mindestens 17 EU-Mitgliedstaaten von Anfang an daran beteiligen werden: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und die Tschechische Republik. Weitere sieben EU-Mitgliedstaaten haben das Abkommen unterzeichnet, aber noch nicht im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften umgesetzt. Theoretisch kann eine maximale Abdeckung aller (derzeit 27) EU-Mitgliedstaaten erreicht werden. Kroatien, Polen und Spanien haben das Abkommen jedoch nicht unterzeichnet und werden dies voraussichtlich auch nicht in Kürze tun. 

3. Was ist das Einheitliche Patentgericht?

Das Einheitliche Patentgericht (EPG) ist ein neues paneuropäisches Gericht, das mit dem übergeordneten Ziel errichtet wurde, das europäische Patentsystem zu entflechten und zu vereinheitlichen. Das EPG wurde ebenfalls innerhalb des Rahmens des Pakets zum Einheitspatent geschaffen. Es umfasst ein dezentralisiertes Gericht erster Instanz mit lokalen, regionalen und zentralen Kammern in bestimmten EU-Mitgliedstaaten sowie ein zentrales Berufungsgericht. Das EPG wird die ausschließliche Zuständigkeit für die Verletzung und Gültigkeit sowohl klassischer europäischer Patente als auch neuer Einheitspatente und ergänzender Schutzzertifikate (SPCs) haben. Die Grenzen der territorialen Zuständigkeit müssen noch festgelegt werden, da der Wortlaut der jeweiligen Satzung nicht ganz eindeutig ist. Daher kann das EPG z.B. auch für eine Entscheidung über eine Verletzung eines klassischen europäischen Patents in der Schweiz oder in Spanien zuständig sein. 

Erlangung eines Einheitspatents

4. Gibt es Änderungen in der Anmeldephase, d.h. vor der Erteilung eines Einheitspatents?

In der Anmeldephase gibt es keine Änderungen. Die Anmeldung ist auf Erteilung eines europäischen Patents beim Europäischen Patentamt einzureichen und wird bis zur Erteilung des Patents nach dem Europäischen Patentübereinkommen behandelt.

5. Wie kann die einheitliche Wirkung erzielt werden?

Nach der Erteilung eines europäischen Patents kann innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt ein Antrag auf einheitliche Wirkung gestellt werden. Dieser einzige Antrag bewirkt einen Schutz in allen betroffenen Mitgliedstaaten, ohne dass eine weitere Validierung des Patents erforderlich ist. Der geografische Geltungsbereich eines Einheitspatents ist auf die EU-Mitgliedstaaten beschränkt, die sich zum Zeitpunkt des Antrags auf einheitliche Wirkung an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligen. Das bedeutet, dass der geografische Geltungsbereich eines Einheitspatents nach seiner Eintragung nicht auf diejenigen EU-Mitgliedstaaten ausgedehnt wird, die das Abkommen später ratifizieren.

6. Gibt es weitere wichtige Merkmale des Einheitspatents?

Ein Einheitspatent (UP) als Vermögensgegenstand wird wie ein nationales Patent des teilnehmenden Mitgliedstaats behandelt, in dem der Anmelder am Anmeldetag seinen (Haupt-)Geschäftssitz hatte. Gibt es mehr als einen Anmelder, so gilt diese Betrachtung für die Anmelder in der Reihenfolge ihrer Nennung in den Anmeldeunterlagen. Hatte kein Anmelder eine Niederlassung oder einen Wohnsitz in einem teilnehmenden Mitgliedstaat, wird das UP als Vermögensgegenstand nach deutschem Recht behandelt. Diese Regelung hat erhebliche Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen den Miteigentümern: Nach französischem Recht ist eine Lizenzierung ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer möglich, nach deutscher Rechtsprechung nicht. Das deutsche Recht wiederum erlaubt es einem Miteigentümer, seine Rechte ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer an einen Dritten abzutreten, während das französische und das belgische Recht eine Benachrichtigung der anderen Miteigentümer (die in dieser Hinsicht ein Vorkaufsrecht haben) vorsehen. 

7. Welche weiteren Möglichkeiten zur Erlangung von Patentschutz auf der Grundlage eines europäischen Patents bestehen?

Der Anmelder eines europäischen Patents kann sich dafür entscheiden, überhaupt keinen einheitlichen Schutz zu beantragen und alle gewünschten einzelnen Mitgliedsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (EU-Mitglieder und/oder EU-Nichtmitglieder) zu validieren, wie es vom "klassischen" validierungsbasierten europäischen Patent bekannt ist. Darüber hinaus kann ein Anmelder zusätzlich zur Beantragung des einheitlichen Schutzes entscheiden, das Patent als "klassisches" Europäisches Patent in allen nicht teilnehmenden Staaten validieren zu lassen, d.h. (a) in allen EU-Mitgliedstaaten, die die entsprechenden Verordnungen nicht ratifiziert haben und/oder (b) in allen Nicht-EU-Mitgliedstaaten, die nicht am Einheitspatentsystem teilnehmen können. 

8. Wie hoch sind die Kosten für ein Einheitspatent?

Der Antrag auf einheitlichen Schutz löst keine Gebühren aus. Sobald ein Einheitspatent erteilt ist, muss der Inhaber jährliche Jahresgebühren entrichten. Diese Gebühren wurden so festgelegt, dass sie der Validierung eines klassischen europäischen Patents in vier Ländern des Europäischen Patentübereinkommens und der EU-Mitgliedstaaten entsprechen. Zum Beispiel beträgt die Jahresgebühr für das 5. Jahr 315 EUR, für das 10. Jahr 1.175 EUR, für das 15. Jahr 2.830 EUR und für das 20. Jahr 4.855 EUR. Außerdem verringern sich die Übersetzungskosten, da die Übersetzung in nur eine weitere Sprache erforderlich ist.

Einheitliches Patentgericht - Grundlagen und Verfahren

9. Wie ist das Einheitliche Patentgericht aufgebaut und wo werden Standorte sein?

Das Einheitliche Patentgericht besteht aus einem dezentralen Gericht erster Instanz mit lokalen, regionalen und zentralen Kammern in bestimmten EU-Mitgliedstaaten und einem zentralen Berufungsgericht. Lokale Abteilungen werden in vielen Mitgliedstaaten des Abkommens eingerichtet. Deutschland beispielsweise wird vier Lokalkammern in München, Düsseldorf, Mannheim und Hamburg einrichten. Eine Regionalkammer für den nordisch-baltischen Raum wird in Stockholm eingerichtet. Der Sitz der Zentralkammer wird in Paris sein, eine Abteilung wird in München angesiedelt sein. Das Berufungsgericht wird seinen Sitz in Luxemburg haben.

 

10. Welche Arten von Klagen werden vor dem Einheitlichen Patentgericht verhandelt?

Das Einheitliche Patentgericht (EPG) hat die ausschließliche Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten und Nichtigkeitsverfahren in Bezug auf europäische Patente mit einheitlicher Wirkung, validierte nationale Patente auf der Grundlage eines klassischen europäischen Patents und ergänzende Schutzzertifikate. Die Zuständigkeit umfasst Patentverletzungsfälle, Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung, Klagen auf vorläufige und sichernde Maßnahmen sowie Klagen (und Widerklagen) auf Nichtigerklärung. Während einer Übergangszeit von sieben (möglicherweise 14) Jahren wird den nationalen Gerichten eine alternative Zuständigkeit für diese Angelegenheiten eingeräumt. Das EPG ist nicht zuständig für "echte" nationale Patente, d. h. Patente, die nicht auf der Grundlage eines europäischen Patents validiert, sondern direkt bei den jeweiligen nationalen Ämtern angemeldet wurden.

11. Gerichtsstand: Welche Kammer des Gerichts erster Instanz wird zuständig sein?

Die Wahl zwischen alternativ zuständigen Lokal- oder Regionalkammern des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) liegt beim Kläger. Die Zuständigkeit richtet sich in erster Linie nach der Art der Klage. Jede eigenständige Nichtigkeitsklage oder Feststellungsklage wegen Nichtverletzung wird vor der Zentralkammer des EPG verhandelt. Verletzungsklagen können bei jeder Lokal- oder Regionalkammer am Ort der Verletzung eingereicht werden. Verletzungshandlungen, die ein Angebot über das Internet umfassen, lösen also gewisse Möglichkeiten des Forum Shopping aus. Außerdem schließt eine Verletzungsklage, die nach Einreichung einer Nichtigkeitsklage vor der Zentralkammer des EPG erhoben wird, die frühere Zuständigkeit aus; der Fall wird vor der Lokal- oder Regionalkammer, die der Patentinhaber als Gerichtsstand für die Verletzungsklage gewählt hat, verbunden und gemeinsam verhandelt. 

12. Entscheidet das Einheitliche Patentgericht immer sowohl über die Verletzung als auch über die Gültigkeit (falls angefochten)?

Wird eine Verletzungsklage bei einer Lokal- oder Regionalkammer eingereicht und eine Widerklage auf Nichtigerklärung des Patents erhoben, so kann diese Kammer a) die Verletzungsklage und die Widerklage auf Nichtigerklärung zusammen verhandeln oder b) alternativ die Widerklage auf Nichtigerklärung zur Entscheidung an die Zentralkammer verweisen (und möglicherweise die Verletzungsklage aussetzen, bis eine Entscheidung über den Rechtsbestand ergangen ist) oder c) beide Klagen an die Zentralkammer verweisen (wenn die Parteien zustimmen). Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Gerichte in den meisten Fällen nach Option (a) vorgehen werden.

13. Verfügt das Einheitliche Patentgericht über ein tiefes technisches Verständnis, wenn es über den Rechtsbestand von Patenten entscheidet?

Die rechtskundigen Richter des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) werden aus einem Pool erfahrener nationaler Richter in Patentsachen ernannt. Bei der Entscheidung über Nichtigkeitsklagen oder entsprechende Widerklagen, die auf den Rechtsbestand abzielen, werden alle erstinstanzlichen Abteilungen des EPG um einen technisch qualifizierten Richter ergänzt. Die technisch qualifizierten Richter gehören zu einem multinationalen Pool erfahrener Personen, die für ein bestimmtes Gebiet der Technik ernannt werden. Voraussetzungen sind ein Hochschulabschluss und nachgewiesene Sachkenntnis auf einem Gebiet der Technik sowie nachgewiesene Kenntnisse des Zivilrechts und des für Patentstreitigkeiten relevanten Verfahrens. Das Berufungsgericht des EPG ist stets mit drei juristisch und zwei technisch qualifizierten Richtern besetzt. 

14. Worum geht es bei der Übergangszeit?

Während einer Übergangszeit von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Einheitspatentsystems (d.h. voraussichtlich ab Ende 2022 oder Anfang 2023) können die national validierten klassischen europäischen Patente und die entsprechenden ergänzenden Schutzzertifikate wahlweise vor dem Einheitlichen Patentgericht (EPG) oder vor nationalen Gerichten verhandelt werden. Während dieser Übergangszeit kann ein Patent auch aus der Zuständigkeit des EPG herausgenommen werden, sofern nicht bereits eine Klage beim EPG eingereicht wurde. Nach Konsultation mit den Nutzern kann die Übergangszeit durch einen Beschluss des Verwaltungsausschusses des EPG um weitere sieben Jahre verlängert werden.

15. Wie lautet die Verfahrenssprache vor dem Einheitlichen Patentgericht?

Die Sprache des Gerichts erster Instanz ist (sind) die Amtssprache(n) des (der) EU-Mitgliedstaats (Mitgliedstaaten), in dem (denen) eine Lokalkammer besteht oder die sich eine Regionalkammer teilen. Die Verfahrenssprache vor der Zentralkammer ist die Sprache, in der das Patent erteilt wurde. Die Mitgliedstaaten, die eine Kammer des Gerichts erster Instanz beherbergen, können zusätzlich eine oder mehrere Sprachen des Europäischen Patentamts benennen. Es ist daher zu erwarten, dass mehrere Lokalkammern in der Lage sein werden, Verfahren in englischer Sprache anzubieten. Die Verfahrenssprache vor dem Berufungsgericht ist die Verfahrenssprache vor dem Gericht erster Instanz. 

16. Gibt es im Rechtssystem des Einheitlichen Patentgerichts einstweilige Maßnahmen?

Folgende einstweilige Maßnahmen (Eilgerichtsentscheidungen) können vom Einheitlichen Patentgericht angeordnet werden: 

  • Beweissicherung und Durchsuchung von Räumlichkeiten
  • Anordnung der Vorlage von Beweismitteln durch eine Partei
  • Anordnung der Beschlagnahme von Vermögensgegenständen
  • Unterlassungsanordnung gegen einen mutmaßlichen Rechtsverletzer
  • Beschlagnahme oder Herausgabe von Produkten, die im Verdacht stehen, ein Patent zu verletzen
  • Beschlagnahme von beweglichem und unbeweglichem Eigentum des mutmaßlichen Rechtsverletzers

Die Durchsetzung solcher Maßnahmen kann von der Leistung einer Sicherheit für mögliche Schäden abhängig gemacht werden, die ein mutmaßlicher Rechtsverletzer erleidet. 

17. Ist es möglich, ex parte eine einstweilige Verfügung zu erwirken (d. h. eine gerichtliche Anordnung ohne vorherige Beteiligung des Beklagten)?

Bei Gefahr eines nicht wiedergutzumachenden Schadens für den Patentinhaber oder bei Gefahr der Vernichtung von Beweismitteln kann das Einheitliche Patentgericht nach eigenem Ermessen vorläufige und sichernde Maßnahmen auch ohne Anhörung des Beklagten erlassen. Gleiches gilt, wenn Beweismittel zu sichern oder Räumlichkeiten zu durchsuchen sind. 

18. Wird das EPG zur Unterlassung verurteilen, wenn eine Patentverletzung festgestellt wird?

Der Erlass einer dauerhaften Unterlassungsverfügung liegt im Ermessen des Gerichts. Da das nationale Recht der meisten teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten als Regelfall eine Verurteilung zur Unterlassung vorsieht, erwarten wir, dass das Einheitliche Patentgericht die Unterlassungsverfügung häufiger anwenden wird als einen entsprechenden Antrag abzulehnen.

Opt-out für "klassische" europäische Patente

19. Was ist ein "Opt-out"?

Ab dem Tag, an dem das System zum Einheitspatent in Kraft tritt, werden "klassische" europäische Patente der Gerichtsbarkeit des Einheitlichen Patentgerichts (EPG) unterliegen. Während einer Übergangszeit von sieben Jahren bleiben die nationalen Gerichte alternativ zuständig für Fälle im Zusammenhang mit "klassischen" europäischen Patenten. Die Wahl des Gerichtssystems und des Gerichtsstandes obliegt der Partei, die eine Klage erhebt. Der Inhaber eines "klassischen" europäischen Patents kann sich daher beispielsweise mit einer Nichtigkeitsklage vor der Zentralkammer des EPG konfrontiert sehen. Während eines Übergangszeitraums von sieben (möglicherweise 14) Jahren können "klassische" europäische Patente jedoch durch sog. „Opt-out“ von der Zuständigkeit des EPG ausgenommen werden. Infolge eines Opt-out sind nur noch die nationalen Gerichte für Fälle im Zusammenhang mit den jeweiligen "klassischen" europäischen Patenten zuständig. Ein Opt-out verhindert die Zuständigkeit des EPG während der gesamten Laufzeit des "klassischen" europäischen Patents. Sobald der Opt-out registriert ist, wird es für das gesamte Europäischer „Bündelpatent“ wirksam, d. h. für alle benannten Mitgliedstaaten, in denen dieses Patent validiert wurde. Bitte beachten Sie: Für das neue Einheitspatent ist ein Opt-out nicht möglich. 

20. Ist es möglich, einen Opt-out jederzeit zu beantragen?

Ein Opt-out kann nicht nur nach Inkrafttreten des Systems zum Einheitspatent (d. h. während der Übergangszeit von sieben Jahren nach dem Inkrafttreten) beantragt werden, sondern auch während einer "sunrise“-Periode, die etwa drei Monate vor Inkrafttreten des Systems zum Einheitspatent beginnt. Ein während der "sunrise“-Periode ordnungsgemäß eingereichter Opt-out-Antrag wird an dem Tag wirksam, an dem das System zum Einheitspatent in Kraft tritt. Dies hat zur Folge, dass das angestrebte Patent weder aktiv vor dem Einheitlichen Patentgericht (EPG) durchgesetzt, noch mit einer Nichtigkeitsklage dort angegriffen werden kann. Ein nach Inkrafttreten des Systems zum Einheitspatent eingereichter Opt-out-Antrag ist nur dann wirksam, wenn das betreffende Patent noch nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem EPG war.

21. Wie funktioniert der Antrag auf Opt-out in der Praxis?

Ein wirksamer Antrag auf Opt-out kann nur von dem/den wahren Rechtsinhaber(n) des klassischen europäischen Patents gestellt werden. Es ist nicht entscheidend, wer im europäischen Patentregister als "Anmelder" eingetragen ist. Außerdem müssen Mitinhaber eines europäischen Patents oder getrennte Inhaber von nationalen Teilen eines europäischen Patents gemeinsam handeln. Der Antrag auf Opt-out wird von der Geschäftsstelle des Einheitlichen Patentgerichts (die für die Eintragung von Opt-outs zuständig ist) nicht auf seine Rechtsgültigkeit geprüft. Jeder formale Mangel kann zu Einwänden in Gerichtsverfahren führen, die in dem dann vorliegenden Stadium möglicherweise nicht mehr überwunden werden können. 

22. Ist ein Opt-out-Antrag nur für erteilte Patente möglich?

Der Opt-out-Antrag kann gestellt werden, sobald eine Patentanmeldung veröffentlicht ist. Ein Opt-out kann während des gesamten wirtschaftlichen Lebenszyklus eines Patents beantragt werden. Daher ist es auch möglich, ein Opt-out für abgelaufene Patente zu beantragen (was möglicherweise nützlich ist, um eine zentralisierte Nichtigkeitsklage zu verhindern, um Schadensersatzansprüche für frühere Verletzungen zu vermeiden).

23. Ist es möglich, einen Opt-out für Einheitspatente zu beantragen?

Nein. Es gibt keine Möglichkeit, ein europäisches Patent mit einheitlicher Wirkung auszuopten.

24. Ist es möglich, einen Opt-out zurückzunehmen?

Das System des Einheitspatents sieht einen "Rücktritt vom Opt-out" vor. Dies bedeutet, dass der Patentinhaber jederzeit während der Laufzeit eines "klassischen" europäischen Patents einen erklärten Opt-out rückgängig machen und die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichts wieder aktivieren kann. Ein solcher Rücktritt vom Opt-out ist jedoch nur möglich, wenn das betreffende Patent noch nicht Gegenstand eines Verfahrens vor einem nationalen Gericht war. Durch den Rücktritt vom Opt-out wird das Recht auf eine erneute Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung für das betreffende Patent aufgegeben.